Die Taube fliegt durch die Jahrzehnte
Die Bildsprache ändert sich, die Themen bleiben aktuell

Am 1. November wurde in der Peace Gallery des Berliner Anti-Kriegs-Museums die Ausstellung "Künstler gegen Atomkrieg - und die Taube fliegt (weiter)" eröffnet. Zur Eröffnung würdigte die Kunsthistorikerin Annegret Jürgens-Kirchhoff die Sammlung "Künstler gegen Atomkrieg" und deren Entstehungsgeschichte. Hans Wallner stellte die zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler und ihre Bilder vor und berichtete über die Aktivitäten des Vereins Kunst für Frieden.

Ein Teil der ausgestellten Kunstwerke stammt aus der Sammlung des Vereins Kunst für Frieden. Es ist eine repräsentative Auswahl der historischen Wanderausstellung "Künstler gegen Atomkrieg" aus der Zeit der Aufrüstung der BRD in den 50er Jahren. Die Auswahl umfasst zeittypische, künstlerisch und historisch wertvolle Bilder von Fritz Cremer, Otto Herrmann, Waldemar Grzimek, Hanns Kralik, Carlo Schellemann, Dore Vax und einigen weiteren Künstlerinnen und Künstlern. Diesem historischen Teil werden in der Ausstellung Gemälde von Künstlerinnen und Künstlern gegenübergestellt, die sich heute mit Krieg und Frieden, gesellschaftlichen Konflikten und deren Ursachen auseinandersetzen. In diesem Teil der Ausstellung werden Arbeiten von Mechthild Hartung (Wolfsburg), Rita Mascis (München), Thomas Bühler (Berlin), Torsten Gebhardt (Berlin), Axel Gundrum (Potsdam), Hans Wallner (Regensburg) gezeigt.

Beim Vergleich mit den alten Bildern fällt auf, dass zum großen Teil die alten Inhalte in den neuen Bildern behandelt werden: Kriegsgefahr, nach wie vor atomare Bedrohung, Rassismus und Nationalismus. Andere Themen sind hinzugekommen: Migration, Ausgrenzung von Zuwanderern, Herrschaftssicherung der reichen Industrieländer und Widerstand dagegen (am Beispiel Heiligendamm).

Die Bildsprache hat sich allerdings geändert. Die historischen Bilder - überwiegend Grafiken - sind von Surrealismus, Expressionismus und illustrativem Realismus geprägt und entsprechen den Ausdrucksmitteln ihrer Zeit. Demgegenüber findet man in den neueren Bildern von Thomas Bühler, Axel Gundrum und Hans Wallner die klassische Malerei vertreten, realistisch, mit Elementen der Allegorie und Anklängen an die sakrale Kunst (speziell bei Gundrum mit seinem Triptychon). Torsten Gebhardt pflegt einen Malstil, der an Bilder der Renaissance erinnert, andererseits aber von der Cartoon-Ästhetik unserer Zeit geprägt ist (z. B. bei seinem großen Gemälde "Willkommen im Paradies"). Anders dagegen Mechthild Hartung und Rita Mascis: in deren Arbeiten findet man Elemente der Collage (z. B. mit Stacheldraht, Fotos, die übermalt sind, Zitate afrikanischer Muster) und in Rita Mascis Gemälde "Hungermarsch" dominiert die Farbe Blutrot, Rot wie das Blut afrikanischer Flüchtlinge; es umgibt eine verzerrte, nahezu zusammengebrochene menschliche Figur.

Der Verein "Kunst für Frieden e. V." mit Sitz in Regensburg ist eine der wenigen Organisationen, die sich um politisch engagierte und realistische Bildende Kunst bemühen. Er sammelt Werke der Bildenden Kunst, um sie der Öffentlichkeit in Ausstellungen, durch die Präsentation im Internet und durch Buchveröffentlichungen zugänglich zu machen.

Der Verein ist nicht nur gegründet worden, um das Erbe zu pflegen. Künstlerinnen und Künstler, die mit ihren Arbeiten Stellung gegen inhumane Verhältnisse und die Bedrohungen durch Krieg und Terror beziehen, sollen gefördert werden. Mit der Ausstellung in Berlin ist der Verein seinem Ziel näher gekommen, Werke zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler auszustellen.

Auf den Internetseiten des Vereins www.friedensatelier.de findet man ein Verzeichnis der Kunstsammlung des Vereins und eine virtuelle Galerie für zeitgenössische engagierte Kunst.

Hans Wallner

Zur historischen und künstlerischen Bedeutung der Kunstsammlung ist erschienen: Und die Taube fliegt (weiter) - Bildende Künstler engagieren sich für Frieden, mit Beiträgen von A. Jürgens-Kirchhoff, A. Klönne, H. Wallner, herausgegeben von Kunst für Frieden e. V., Regensburg 2008, 92 S., 10 Euro

aus Unsere Zeit vom 20.11.2009

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