Rundbrief und Pressemitteilung
In Würde leben und arbeiten - aber hartzlos!
24.02.2010
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in einer empörenden Medienkampagne missbrauchen Vertreter von Bundesregierung und Landesregierungen, an vorderster Stelle der FDP-Vorsitzende Westerwelle, das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 9.2.2010 zu Hartz IV, um weitere Leistungskürzungen und Sanktionen gegen ALG-II-EmpfängerInnen durchzusetzen.
Die Verfassungsrichter haben mit ihrer Rechtsprechung klar zum Ausdruck gebracht, dass die bisherigen Berechnungen von Hartz IV nicht mit der Menschenwürde in Einklang zu bringen sind. Dagegen verletzen die demagogischen und menschenverachtenden Äußerungen der Regierungsvertreter die Würde von Millionen Menschen in diesem Land ein weiteres Mal - und sie vertiefen die soziale Spaltung. Dabei wäre es an der Zeit, denjenigen die rote Karte zu zeigen, die zur Rettung ihrer Milliardenvermögen Arbeitsplätze vernichten und Existenzen ruinieren.
Heute Griechenland - und morgen wir?
Wir fühlen uns verbunden mit den griechischen Kolleginnen und Kollegen, die sich heute, am 24. Februar 2010 mit einem Generalstreik gegen die Abwälzung der Krisenlasten zur Wehr gesetzt haben. "Wir zahlen nicht für eure Krise!" lautet das Motto, unter dem auch für Deutschland von zahlreichen Organisationen zu Protesten aufgerufen wird. Als Unruhestifter begrüßen wir die für den 6. März 2010 überregional geplante Kundgebung in Nürnberg, und die am 20. März 2010 landesweit geplante Kundgebung in Essen. Zahlreiche KünstlerInnen und Kulturschaffende sind bereit, dazu einen aktiven Beitrag zu leisten.
Heute Griechenland - und morgen wir!
Fast 1000 Persönlichkeiten und Organisationen (überwiegend Künstlerinnen, Künstler und Kulturschaffende) haben seit Sommer 2009 den bundesweiten Aufruf www.unruhestiften.de unterzeichnet. Es ist ein Aufruf gegen rechts, gegen die Abwälzung der Krisenfolgen und für die Umverteilung von oben nach unten, gegen die Kriegspolitik der Bundesregierung - und für die Förderung der kulturellen Vielfalt.
Er knüpft an eine bei vielen Menschen im Land vorhandene Grundstimmung an, daß für notwendige gesellschaftliche Veränderungen Unruhe erforderlich ist.
In dem Aufruf heißt es u.a.
Unruhe für soziale Umverteilung und soziale Gerechtigkeit
Unruhe gegen ein Deutschland der sozialen Eiszeit
Ein Gesellschaftssystem, in dem Wertpapiere und Profitoptionen als systemrelevant vergötzt werden, untergräbt die Wurzeln menschlichen und kulturellen Reichtums.
Wir fordern soziale Schutzschirme für Menschen anstelle der Fortsetzung der Verarmungspraxis durch Hartz IV.
An bundesweit namhaften KünstlerInnen, Kulturschaffenden und anderen Persönlichkeiten haben den Aufruf bislang Lydie Auvray, Habib Bektas, Elfriede Brüning, Dietmar Dath, Kai Degenhardt, Dieter Dehm, Die Bösen Mädchen, der Ernst-Busch-Chor Berlin, EWO2, Wolfgang Gehrcke, Doris Gercke, Lutz Görner, Sabine Kebir, Sonja Kehler, Dietrich Kittner, Klaus der Geiger, Einhart Klucke, Bernd Köhler, Microphone Mafia, Quijote, Rotdorn, Erich Schaffner, Erasmus Schöfer, Schorsch & die Bagasch, Peter Sodann, Eckart Spoo, Konstantin Wecker, Guido Zingerl und viele andere unterstützt.
Die Bandbreite der Genres der unterzeichnenden KünstlerInnen wird laufend größer und vielfältiger: Schriftsteller, Rock- und Bluesbands, Liedermacher, Kunstmaler, Kulturvereinigungen, Märchenkutschen, Galeristen, Whiskeybotschafter, Journalisten, Theatergruppen, Chöre, Bücherstuben, Verlage, Silberschmiede, Fotografen, Stahlbildhauer, Atelierbesitzer, Folkgruppen, Satirezeitungen, Regisseure, Musik-Labels, Web-Designer, Gewerkschaftsfachgruppen, Folk-Musiker, Kunstbahnhöfe, Zauberkünstler, Tangotänzer, Schauspieler, Kabarettisten, Fachverbände für Trauerkultur...
Mit dem Projekt "Unruhe stiften" entsteht ein neues breites Netzwerk und eine interessante Kontaktliste linker Kulturschaffender in Deutschland. KünstlerInnen, die diesen Aufruf unterstützen, stehen für linke Inhalte - und für die Stiftung von Unruhe! Sie unterstützen in ihrem Umfeld Bewegungen, Aktionen und Veranstaltungen zu den Inhalten des Aufrufes.
Die Unterschriftensammlung geht zeitlich unbegrenzt weiter. Wir würden uns freuen, wenn wir an möglichst vielen Orten der Republik gemeinsam Unruhe stiften!