Nein zur Todesstrafe

Von Jürgen Heiser
(junge Welt 15. 1. 2010)

Eine im Namen des US-Bürgerrechtlers Mumia Abu-Jamal ab heute weltweit verbreitete Petition fordert US-Präsident Barack Obama dazu auf, »sich gegen die Todesstrafe für Mumia Abu-Jamal sowie gegen die Todesstrafe für viele Männer, Frauen und Kinder überall auf der Welt« auszusprechen. Der Appell, den Rechtsanwalt Robert R. Bryan aus San Francisco am vergangenen Samstag auf der XV. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz angekündigt hatte, gründet sich auf Resolutionen der Vereinten Nationen, in denen es heißt: »Diese höchste Form der Bestrafung ist für eine zivilisierte Gesellschaft inakzeptabel, und sie untergräbt die Menschenwürde«.

In einer Telefonschaltung mit seinem Verteidiger erklärte Mumia Abu-Jamal auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz: »Die USA stehen mit ihrer Praxis der Todesstrafe praktisch allein in der industrialisierten Welt. Die Petition ist Ausdruck einer wachsenden Bewegung zur Abschaffung der Todesstrafe.«

Die Initiatoren der Petition, die ab sofort im Internet (www.PetitionOnline.com/Mumialaw/petition.html) unterzeichnet werden kann, berücksichtigen den Fakt, daß ein US-Präsident keine rechtliche Möglichkeit zur direkten Einflußnahme auf Fälle hat, in denen wie bei Abu-Jamal nicht nach Bundesgesetz, sondern nach dem Gesetz eines US-Bundesstaates entschieden wurde. Da Abu-Jamal wegen angeblichen Polizistenmordes in Pennsylvania 1982 zum Tode verurteilt wurde, könnte nur der dort zuständige Gouverneur das Gnadenrecht ausüben. Doch der Republikaner Ed Rendell, der früher als Staatsanwalt gegen Abu-Jamal ermittelt hat, wurde in jüngster Zeit immer wieder zitiert, er wolle Abu-Jamal endlich hingerichtet sehen.

Es geht deshalb jetzt um eine politische Entscheidung auf Regierungsebene, um Gerechtigkeit in diesem unfairen und von Rassismus und Beweisfälschungen geprägten Verfahren herzustellen. Das fordert auch Amnesty International schon seit gut zehn Jahren. Die offenkundigen Verfassungsbrüche, derer sich Justiz und Polizei in diesem Verfahren schuldig gemacht haben, wurden im April 2009 in letzter Instanz durch den Obersten Gerichtshof abgesegnet. Ein neues faires Verfahren ist also nicht mehr Gegenstand des juristischen Streits.

Die hohen Richter werden jetzt nur noch über einen Antrag der Staatsanwaltschaft befinden, mit dem die Beibehaltung der Todesstrafe gefordert wird. Im besten Falle stellt das Gericht diesen Freibrief für einen Justizmord nicht aus, sondern verweist die Entscheidung über das Strafmaß an eine neue Jury in Philadelphia. Auch dieses untere Gericht könnte das Todesurteil bestätigen, aber auch auf lebenslange Haft erkennen.

Die Petition appelliert nun an Obama, sein Versprechen eines gesellschaftlichen Wandels zu halten, mit dem er die Präsidentenwahl und internationale Achtung gewann. Der Präsident ist kommende Woche ein Jahr im Amt. Ein längst überfälliger »Wandel« wäre jetzt die Abschaffung der Todesstrafe. Dabei hätte Obama seit kurzem sogar das American Law Institute an seiner Seite. Denn diese zentrale Institution der Rechtspflege in den USA, die maßgeblich den gesetzlichen Rahmen der heutigen Todesstrafenpraxis entworfen hat, will laut New York Times vom 5. Januar künftig nicht mehr an dieser Praxis mitwirken, da »das Todesstrafensystem der USA unwiederbringlich zerrüttet« sei.

Diese Petition (siehe folgenden Wortlaut) ist von Mumia Abu-Jamal und seinem Hauptverteidiger, Robert R. Bryan aus San Francisco, autorisiert. Sie kann im Internet unterzeichnet werde hier klicken und unterschreiben: www.PetitionOnline.com/Mumialaw/petition.html

Für die Menschenwürde

Mumia Abu-Jamal und die weltweite Abschaffung der Todesstrafe - Petition an US-Präsident Barack Obama:

To: The Honorable Barack Obama
President of the United States
The White House
1600 Pennsylvania Avenue NW
Washington, D.C. 20500

Sehr geehrter Herr Präsident,

wir, die Unterzeichner, ersuchen Sie hiermit, sich gegen die Todesstrafe für Mumia Abu-Jamal auszusprechen sowie gegen die Todesstrafe für viele Männer, Frauen und Kinder überall auf der Welt, die ihrer Hinrichtung entgegensehen. Diese höchste Form der Bestrafung ist für eine zivilisierte Gesellschaft inakzeptabel und untergräbt die Menschenwürde. (Generalversammlung der Vereinten Nationen, Moratorium on the Use of the Death Penalty, Resolution 62/149, 18. Dez. 2007; bestätigt: Resolution 63/168, 18. Dez. 2008.)

Herr Abu-Jamal, ein renommierter schwarzer Journalist und Autor, befindet sich seit fast drei Jahrzehnten in Pennsylvania im Todestrakt. Auch wenn Sie keinen direkten Einfluß auf sein Schicksal als zum Tode verurteilten Gefangenen eines Bundesstaates nehmen können, bitten wir Sie als moralische Führungspersönlichkeit auf der Weltbühne, ein Moratorium der Todesstrafe in seinem wie in allen anderen Fällen zu fordern. Herr Abu-Jamal ist weltweit zu einem Symbol, zur »Stimme der Unterdrückten« im Kampf gegen die Todesstrafe und andere Menschenrechtsverletzungen geworden. Über 20000 Menschen auf der Welt erwarten ihre Hinrichtung, davon allein in den Todestrakten der Vereinigten Staaten über 3000.

Das Gerichtsverfahren gegen Herrn Abu-Jamal im Jahr 1982 war von Rassismus belastet und wurde in Philadelphia durchgeführt, einer Stadt mit einer langen Geschichte von Polizeikorruption und Diskriminierung. Amnesty International - mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet - »stellt fest, daß zahlreiche Aspekte dieses Falles eindeutig gegen die internationalen Mindeststandards zur Gewährleistung eines fairen Prozesses verstoßen. [Den] Interessen der Gerechtigkeit [wäre] am besten durch ein neues Verfahren für Mumia Abu-Jamal gedient. Das Verfahren sollte im vollen Umfang den internationalen Standards für Gerechtigkeit entsprechen und die Verhängung der Todesstrafe nicht gestatten.« (A Life In the Balance - The Case of Mumia Abu-Jamal, siehe: www.amnesty.org/en/library/info/AMR51/001/2000; Ein Leben in der Schwebe - Der Fall Mumia Abu-Jamal, amnesty international Deutschland, Oktober 2000, Seite 34.)

Wir bitten Sie, sich dieser Petition anzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen,
die Unterzeichner

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